Teil 1 - Blubbernde Gedanken
Kennst du so Tage wie meine?
Manchmal schlage ich die Augen auf – sehe den grauen Himmel mit seinen dunklen Wolken. Ich hoere die dicken Regentropfen gegen mein Fenster trommeln. Blubb – "was fuer ein Mistwetter."
Alles ist einfach nur dunkel und grau. Blubb – "ist doch klar, dass wieder alle mies drauf sein werden." Blubb – "im Buero wird die Laune auch wieder schlecht sein." Meiner eigenen Laune schenke ich in dem Moment wenig Beachtung, sie ist auch nicht die Beste. Blubb – "mein Chef wird heute auch wieder schlechte Laune haben." Zwischenzeitlich schaue ich auf mein Handy, lese die Nachricht meiner Schwiegermutter, dass sie die Kinder heute nicht zum Sport bringen kann. Blubb – "logisch – sie hat keine Lust bei dem Wetter am Spielfeldrand zu stehen." Blubb – "und eine Rueckmeldung bezueglich meiner Gehaltserhoehung habe ich auch noch nicht bekommen."
Meine Gedanken ver-selbst-staendigen sich und ich steige voll darauf ein. Wie die meisten Menschen habe auch ich taeglich zwischen 60.000 und 80.000 Gedanken – ein grosser Teil blubbert unbewusst und ungehoert vor sich hin. Die Gedanken haben etwas von einer aufsteigenden Blase: So schnell, wie sie da sind, sind sie auch schon wieder weg. Oft lasse ich mich in diesem Karussell treiben, ohne die Gedanken zu betrachten oder in Frage zu stellen. Je oefter ich einen Gedanken denke, desto ueberzeugter bin ich, dass er wahr ist. Durch die staendige Wiederholung verfestigen sie sich zu meinem Mindset und werden zu meiner festen Ueberzeugung.
Kleine, anfangs harmlose Gedanken koennen dadurch ziemlich maechtig werden. So maechtig, dass sie meine Realitaet mitgestalten. Dabei sind viele Gedanken in meinem Leben einfach uebernommen, wenn nicht sogar die meisten. Bei genauerer Betrachtung sind sie weder alle meine eigenen, noch sind sie so richtig frei.
Ich habe mich eines Tages hingesetzt und jeden aufkommenden Gedanken, den ich mit meinem Bewusst-sein erfassen konnte, notiert.Was meinst Du, wie viele der Gedanken habe ich von meinen Eltern uebernommen, wie viele von meinem Umfeld? Viele Gedanken sind gepraegt durch meine Familie. Ich darf sie betrachten und hinterfragen und ihnen mit Aufmerksamkeit begegnen – das ist meine Herausforderung.
Nochmal zurueck zum Beispiel mit dem Wetter: Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Wetter und der Stimmung der Menschen? Das Wetter ist so, wie es ist. Erst durch meine Bewertung wird es dann zu einem Problem.
Und genau die negative Betrachtung des Wetters praegt dann meine Emotionen. Die Emotionen beeinflussen meine Reaktion auf die Absage meine Schwiegermutter und diese immer waehrende Wiederholung wird dann oftmals zur Gewohnheit.
Blubb: „Glaube nicht alles – was du denkst.“
Wie wir die Aufmerksamkeit ueber unsere Gedanken aktivieren koennen, erfaehrst Du naechste Woche.
Alles Liebe, Karolina
Teil 2 - das freundliche Stop-Schild
Das uns so gut bekannte Gedanken-Karussell nennen die Buddhisten «MonkeyMind». Buddha soll die durch den Kopf huschenden Gedanken mit Aeffchen verglichen haben, die unentschlossen und ruhelos von Ast zu Ast huepfen.
Ich finde das ein sehr schoenes Bild, denn ebenso wie beim schwindelerregenden Kreisen des Karussells, wird einem bei der Vorstellung von schnatternden und aufgeregten Aeffchen bewusst, wie anstrengend es sein kann, wenn wir uns nicht mehr von unseren rasenden Gedanken loesen koennen. Damit das Anhalten dennoch gelingen kann, scheint ein Stop-Schild gerade richtig.
Um den MonkeyMind zu zaehmen, wird im Buddhismus die Meditation empfohlen, sowie die Gedanken auf das «Hier und Jetzt» zu lenken. Ich gebe zu, dass ich zu Anfang, als ich mich vor einigen Jahren mit dem Thema MonkeyMind beschaeftigt habe, kopfnickend und dennoch sehr zweifelnd entschied, es fortan, d.h. beim naechsten Gedanken-Karussell, mit einer Meditation zu versuchen….
In diesem Blog geht es um das «freundliche» Stop-Schild. Das mit dem «freundlich» ist deshalb wichtig, weil das Stop-Schild einen positiven Effekt erzielen soll.
Bei mir war es naemlich so: Ich hing mal wieder fest in meinen Gedanken und mein MonkeyMind lief auf Hochtouren. Der richtige Moment, um eine Meditation zu machen. Die Frage war bloss: Wie sollte ich das umsetzen? Ich war nicht geuebt im Meditieren…. Die neuen Gedanken, es falsch zu machen, beruhigten mein Gedanken-Karussell auf keine Art und Weise, ganz im Gegenteil, es wurde noch viel schlimmer….
Dennoch war ich davon ueberzeugt, dass es auch fuer mich einen Weg geben wuerde… und dann stiess ich auf ein Video, in dem ein buddhistischer Moench genau dieses Thema aufnahm. Er erklaerte, dass «meditieren» ganz einfach sein kann. Drei bewusste Atemzuege seien okay und voellig ausreichend.
Und Wow! Was fuer ein Erlebnis - es stimmt! Mit all meinen Sinnen dreimal tief durchatmen – und meine Gedanken werden ruhiger. Wie durch ein kleines Wunder befinde ich mich dann nicht mehr gedanklich in einer mich stressenden Zukunft oder Erinnerung, die ich gerne veraendern moechte, sondern im «Hier und Jetzt». Dieser Moment und ist er noch so klein, hat etwas Ruhiges und gibt mir dann meist die Moeglichkeit und den Raum, aus dem Karussell auszusteigen und meine Gedanken neu auszurichten.
Stefanie Stahl, die Autorin von «Das Kind in dir muss Heimat finden» hat es – aus meiner Sicht – in einem Interview vollends auf den Punkt gebracht. Ihr Satz «Ertappen und Umschalten» wurde fuer mich zur Kurzanleitung meines freundlichen Stop-Schildes. Naemlich:
1. Ertappen = bewusst werden, dass der MonkeyMind gerade aktiv ist
2. Umschalten = bewusst atmen, damit ich eine andere Ebene finde, die es mir ermoeglicht neue und ruhigere Gedanken zu fassen.
Alles Liebe, Monica
Teil 3 - Praegungen & die Kraft des "in Frage stellen"
Praegungen und ihre Auswirkung auf das Leben
Sind unsere Gedanken wirklich frei? Oder spielt uns unser immerwaehrendes Gedanken-Karussell nicht allzu oft doch einen Streich? Die meisten unserer Gedanken wiederholen wir taeglich, da ist nicht viel Spielraum fuer neue Perspektiven und Erfahrungen. Klar, wir wollen Energie sparen und unser Gehirn ist auf Sparmodus ausgelegt, in Frage stellen ist unbequem! Und kostet Kraft – viel Kraft.
Ich kann es nicht fuer dich sagen, weiss jedoch fuer mich: Ich darf meine Gedanken oft bremsen und mich nochmal ernsthaft fragen, ob das, was ich denke, wirklich wahr ist. Vorschnell treffe ich Entscheidungen, beurteile und lege mich fest und habe mir damit in meinem Leben schon so einige Chancen verbaut. Woher ich das weiss? Weil ich gelernt habe, mir genauer zuzuhoeren und das, was ich sage und behaupte, in Frage zu stellen. Doch dazu gleich mehr…
… erstmal eine von vielen Geschichten, aus meinem Leben:
Auf einem Internetportal hatte ich eine Anzeige von einem traumhaften kleinen Hause entdeckt.
Das Haus, der Preis, der Ort waren perfekt und wie fuer meine Familie und mich gemacht. Trotzdem haette ich mich fast nicht um dieses Haus beworben, da meine Gedanken sich verselbststaendigten: „Es gibt bestimmt viele Bewerber…“ „Deine Chancen sind minimal…“ „Das ist doch viel zu schoen, um wahr zu sein…“ „Wieso sollten sie das ausgerechnet uns geben…“ Ich habe mich dann trotz meiner limitierenden Gedanken beworben. Und jetzt lebe ich mit meiner Familie in unserem Traumhaus.
Doch woher kommt der Gedanke, dass ich keine Chance habe? Er beruht auf Erfahrungen und Praegungen! Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der meine Voraussetzungen nicht optimal waren. Ich habe mich auf Wohnungen beworben und Absagen bekommen. Diese Zeit hat mich gepraegt – heute merke ich wie sehr. Als alleinerziehende Mutter von einem kleinen Baby waren die Voraussetzungen andere als heute. Dennoch trage ich diese Erfahrungen immer noch in mir und lasse sie mein Erleben von heute mitbestimmen. Haette ich meine vorgefassten Erwartungen, das Haus nicht zu bekommen, einfach geglaubt, statt sie zu hinterfragen, dann waere ich ganz schoen aufs Glatteis geraten und haette mich und meine Familie um unser Traumhaus gebracht.
Diese Gedanken und Erwartungen blockieren die Faehigkeit, frei zu denken oder etwas einfach zu probieren. Und selbst, wenn das dann mal nicht auf Anhieb klappt, heisst das noch lange nicht, dass sich die Erfahrungen wieder bestaetigt haben. Es kann auch ganz andere Gruende haben. Lass dich davon nicht abhalten in kleinen Schritten weiterzugehen und Neues zu probieren. Denn manchmal kommt auch etwas ganz Wunderbares dabei heraus.
Deine Karolina
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Die Kraft des "in Frage stellens"
Uns oder etwas in Frage stellen - ist es nicht gerade das, was wir staendig machen, wenn das Gedanken-Karussell Fahrt aufnimmt? Sind es nicht auch diese unbeantworteten und wiederkehrenden Fragen, die uns schlaflose Naechte bereiten? Wir wissen aus der Hirnforschung, dass wir 60'000 – 80'000 Gedanken am Tag denken. Interessanterweise sind ca. 90% der Gedanken dieselben, wie die am Vortag. Das ist spannend, denn es koennte eine Erklaerung dafuer sein, weshalb wir im Gedanken-Karussell haengen bleiben und weshalb auch immer wieder dieselben (unbeantworteten) Fragen auftauchen. Diese Erklaerung duerfte unseren Verstand etwas beruhigen, denn es bedeutet, dass wir durch achtsames Wahrnehmen etwas aendern koennen. Und was genau sollen wir wahrnehmen?
Als erstes muessen wir uns in eine Beobachterposition begeben, uns einen Schritt hinter uns stellen, um uns selbst zu beobachten.
Aus dieser (Vogel-) Perspektive koennen wir uns die folgenden Fragen stellen:
Uebernommene Gedanken, die wir als Praegung durch unser Umfeld uebernehmen, duerfen nochmals angeschaut werden und in einem weiteren Schritt, den eigenen Gedanken Platz machen. Bei den «sollte, muesste, koennte»-Gedanken geht es ebenfalls darum, zu erforschen, weshalb wir den Konjunktiv benutzen. Durch dieses bewusst werden, gelingt es aus dem Gedanken-Karussell auszusteigen.
Alles Liebe, Monica
Teil 4 - Rueckblick auf das Monatsthema
Meine Gedanken koennen mich manchmal ziemlich quaelen, besonders wenn sie mir den Schlaf rauben, ich mich nicht mehr auf meine Arbeit oder meinen Alltag konzentrieren kann.
Dann beanspruchen sie meine gesamte Aufmerksamkeit und es kommt zu gebetsmuehlenartigen Wiederholungen der gleichen Aussagen oder Fragen.
Tipps und Tricks fuer den Umgang und das "Aussteigen" aus dem belastenden Gedanken-Karussell finden sich in Buechern und Zeitschriften sehr viele:
um nur ein paar Strategien aufzuzaehlen.
Der Fokus liegt interessanterweise oft nur auf dem "Aussteigen" aus den wiederkehrenden Gedanken, sie anzuhalten, um dann, wie gewohnt, weitermachen zu koennen und zur Tagesordnung zurueckzukehren.
Aus meiner Sicht ist das "Anhalten" des Gedankenkarussells aber nur der Anfang! Durch die staendige Wiederholung haben sie viel Aufmerksamkeit von mir bekommen. Statt mich von ihnen abzulenken, kann ich mich jetzt mit ihnen beschaeftigen und herausfinden, weshalb ich gerade in ihnen festhaenge. Jetzt liegt es an mir die angehaltenen Gedanken von aussen zu betrachten und zu fragen, worum es eigentlich geht. Statt mich in den immer gleichen Sog hineinziehen zu lassen, habe ich jetzt die Moeglichkeit mein Karussell aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Wenn ich bereit bin, aus dem Karussell nicht nur auszusteigen und mich abzulenken, sondern an den Gedanken zu arbeiten und zu hinterfragen, oeffne ich mich auch fuer neue Gedanken und fuer das, worum es wirklich geht. Probier es doch mal aus! Ich wuensche dir viele Aha-Momente!
Alles Liebe, Karolina
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Wie passend!
Die Uhr zeigte 4:30 Uhr - eigentlich nicht die Zeit, zu der ich wach werden wollte… trotzdem war ich gleich hellwach und das Gedanken-Karussell hat sofort Fahrt aufgenommen. Meine erste Reaktion war «echt jetzt?» dann ertappe ich mich zum Glueck dabei, eben diesen Gedanken zu denken. Ich halt kurz inne und ueberlege mir wie es weiter gehen koennte:
Ich aergere mich
Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass mich an diesem "mitten in der Nacht erwachen", am meisten aergert, dass ich dadurch viel zu wenig Schlaf bekomme. Das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass sich ein schlechter Tag ankuendigt. Neben dem eigentlichen Thema, das mich wach liegen laesst, rasen nun auch noch diese Gedanken mit… eigentlich ist alles schlimm und ueberhaupt… Zum Glueck gibt es noch
Ich nehme es wie es ist
Tatsaechlich hilft es mir sehr, wenn ich es schaffe zu erkennen / mich zu ertappen, dass ich eingestiegen bin in mein Gedanken-Karussell. Ich atme tief durch und mache mir bewusst, dass es wohl nur ein Glaubenssatz ist, dass ich zu wenig Schlaf bekomme und dadurch einen schlechten Tag haben werde. Erst die Erfahrung, der Rueckblick am Abend, werden mir mehr dazu sagen koennen. Also entscheide ich mich sehr bewusst nicht mehr ueber einen moeglichen Schlafmangel nachzudenken. Es ist jedoch noch nicht geschafft, denn sogleich blubbt das eigentliche Thema auf, welches fuer das Gedanken-Karussell verantwortlich ist. Nun geht es ums «Umschalten» ich atme nochmals tief durch, eine gewisse Beruhigung setzt ein, hat jedoch noch nicht den gewuenschten Erfolg. Umschalten bedeutet fuer mich auch, die Gedanken umzuleiten. Einen neuen Fokus zu setzen und damit die Aufmerksamkeit bewusst auf ein anderes, fuer mich angenehmes Thema zu lenken. Und siehe da, es gelingt. Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker. Offensichtlich bin ich wieder eingeschlafen.
Ich wuensche allen ganz viele gute Erfahrungen beim «Ertappen & Umschalten»!
Alles Liebe, Monica